Der Wiener Arzt und Neurologe Sigmund Freud (1856-1939) gilt als "der" Wegbegleiter der modernen Psychotherapie. Er begründete bereits zur Jahrhunderwende zum 20. Jahrhundert die Psychoanalyse in Wien. Mit seiner Theorie des Unbewussten und der Traumdeutung revolutionierte er das Verständnis der menschlichen Psyche. Seine Methode, die freie Assoziation und die Übertragungsanalyse legten den Grundstein für die Entwicklung der Psychotherapie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin. In seinen "Psychologischen Mittwochsgesellschaften" wurde angeregt diskutiert.
Neben Sigmund Freud waren weitere bedeutende österreichische Persönlichkeiten maßgeblich an der Entwicklung psychotherapeutischer Schulen beteiligt:
- Alfred Adler, der Begründer der Indivdualpsychologie
- Viktor Frankl, der Begründer der Existenzanalyse und Logotherapie
- Jacob Moreno, der Begründer des Psychodramas
In der Zwischenkriegszeit erlebten die Psychoanalyse und die Individualpsychologie eine Blütezeit in Wien. Der Aufstieg des Nationalsozialismus führte jedoch zu einem drastischen Einschnitt. Viele jüdische und politisch verfolgte Psychotherapeuten waren gezwungen zu emigrieren.
Sigmund Freud weigerte sich lange aus dem besetzen Wien nach London zu fliehen. Viktor Frankl war in der Zeit von 1942 - 1945 im Konzentrationslager und entwickelte dort seine Logotherapie und Existenzanalyse weiter (die Geschichte von Viktor Frankl ist bspw. im Buch "Trotzdem Ja zum Leben sagen" niedergeschrieben). Seine Methoden haben bis heute Einfluss auf existenzielle und humanistische Therapieansätze. Jacob Moreno wanderte bereits 1925 in die USA aus.
Nach dem zweiten Weltkrieg kam die Psychotherapieentwicklung in Österreich zunächst zum Erliegen, da nur wenige der vertriebenen Psychotherapeuten zurückkehrten. Die Forschung und Lehre verlagerte sich großteils ins Ausland, vor allem in die USA. Langsam gewannen verhaltenstherapeutische und systematische Ansätze an Bedeutung.
Ab den 1970er Jahren gewann die Psychotherapie in Österreich wieder an Bedeutung. 1990 wurde das österreichische Psychotherapiegesetz verabschiedet, eines der für die damalige Zeit fortschrittlichsten Berufsgesetze für Psychotherapie in Europa. Mit diesem Gesetz wurde die Psychotherapie als eigenständiger Gesundheitsberuf in das österreichische Gesundheitswesen integriert und ist seitdem nicht mehr ausschließlich Ärzten vorbehalten.
Heute gibt es in Österreich 23 anerkannte Psychotherapieverfahren, darunter psychoanalytische-psychodynamische | humanistische | systematische und verhaltenstherapeutische Verfahren.
Mit dem 01.01.2025 trat nun das neue Psychotherapiegesetz in Kraft. Mit diesem Gesetz und der darauf aufbauenden Ausbildungs- und Qualitätssicherungsverordnung, wird die Psychotherapie somit als eigenverantwortlicher und hochrangiger Gesundheitsberuf akademisiert und die Ausbildung auf ein Bachelor- und Master-Studium umgestellt. Zudem wurde die Berufspflichten genauer ausformuliert und klargestellt.
Psychotherapie ist mittlerweile ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitssystems, der eine immer größere gesellschaftliche Bedeutung gewinnt.
Quellen zum Vertiefen:
www.unipub.uni-graz.at | Danziger Hannah; Das Feld der Psychotherapie in Österreich; Masterarbeit
www.parlament.gv.at | Erläuterungen zum Psychotherapiegesetz
www.oegpp.at | Geschichte; Der Beginn psychiatrischer Identität in Österreich